Reden über Europa. Gespräch mit Susanna Tausendfreund, Erste Bürgermeisterin in Pullach

Ein Signal setzen für die Demokratie und für Europa

R: Die Pullacher Bevölkerung steht überwiegend positiv zu Europa. Siehst du das auch so?

S: Europa ist  ein Friedens- und Demokratieprojekt. Es hat als Wirtschaftprojekt begonnen und muss jetzt noch weiter entwickelt werden zu einem Friedensprojekt.

R: Aber ist Europa für die Kommunen und ihre Verwaltungen nicht auch mühsam, vor allem wegen Verpflichtung zur europaweiten Ausschreibung?

S: Das ist aber kein Argument gegen Europa. Ja, die Ausschreibungen sind für kleine Gemeinden mühsam und arbeitsaufwändig. Die Kommunen müssen die europäischen Regeln leben können. Möglichst viel Eigenverantwortung bei den Kommunen, möglichst viele Entscheidungsspielräume, das erfordert dann auch, dass die entsprechende finanzielle Ausstattung der Kommunen gewährleistet ist.

R: Das ist auch das Ziel GRÜNEN in Europa.  „Wir wollen, dass so viele Entscheidungen wie möglich auf kommunaler Ebene getroffen werden“, heißt es. Die Kommunen sollen einen einfachen, direkten Zugang zu EU-Fördermitteln erhalten.

S. Wenn man von Haus aus die Kommunen finanziell besser ausstatten würden oder ihnen Einnahmequellen zugestehen würde, bräuchte es manche Förderung vielleicht gar nicht. Die Förderprogramme einfacher zu gestalten, damit wäre auch schon viel geholfen. Es gibt auch Programme, die direkt den europäischen Gedanken voranbringen, indem die Förderung an die Zusammenarbeit mehrerer Kommunen aus verschiedenen Ländern an einem Projekt geknüpft ist. Das sind gute Ansätze, aber immer kompliziert.

R. Die Voraussetzung für solche Zusammenarbeit sehe ich in Städtepartnerschaften.

S. Mit unseren Partnerschaften mit  Paulliac und Barischewka leisten wir als kleine Gemeinde einen Beitrag zur Versöhnung und zum Friedensprojekt Europa, auch über Europa hinaus.

Europa muss von unten wachsen.

Was mir Sorgen macht, dass es viele rechte Kräfte gibt, die demokratische Strukturen in Frage stellen und dieses Wachsen von unten nicht wollen. Ich denke zum Beispiel an Viktor Orbán und Ungarn. Bei uns stehen diese demokratischen Grundprinzipien wie Meinungsfreiheit, unabhängige Justiz oder Gewaltenteilung Gott sei Dank nicht in Frage. Aber es gibt auch hier Kräfte wie die AfD, die Europa nicht wollen, die viele demokratische Selbstverständlichkeiten bezweifeln. Das macht mir Sorgen, wie die Europa-Wahlen ausgehen, welche Kräfte dann im Europaparlament mit un-europäischen Gedanken das gute Projekt Europa in Frage stellen. Dafür lohnt es sich zu kämpfen und für das hohe Gut der Demokratie einzustehen. Wir können mit einer hohen Wahlbeteiligung ein Signal für Europa setzen.

Die Gespräche hat Renate Grasse, grüne Gemeinderätin Pullach geführt.

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