Reden über Europa. Gespräch mit Helmut Mangold

Helmut Mangold ist Geschäftsführer der IEP (Innovative Energie für Pullach)

Renate: Die Überschrift über dem Wahlprogramm der GRÜNEN lautet: Europas Versprechen erneuern. Was verbindest du damit?

Helmut: Ich war der erste EU-Ausländer in Pullach im Gemeinderat. Ich bin Österreicher, meine Mutter stammt aus Brünn, mein Papa aus Bregenz, ich habe in Wien studiert. Für mich ist Europa ein großes Aussöhnungsprojekt nach all den Kriegen, das muss nicht nur erneuert werden, das muss unbedingt weitergeführt werden.

R: Was also ist zu tun?

H: Es braucht auf jeden Fall mehr Europa und weniger Nationalstaat. Das Friedensprojekt Europa muss unterstützt werden durch sinnvolle Politik im Finanzwesen, sprich sichere Finanzprodukte. Da sind die GRÜNEN Vorreiter in Europa mit Sven Giegold und Gerhard Schick. Ich habe jahrelang in Untersuchungsausschüssen mitgearbeitet zu Alpe Adria, Hypo Real Estate und so weiter für die GRÜNEN. Das sind ganz wichtige Themen, weil es nicht sein kann, dass die Aktionäre geschützt werden und die normalen Steuerzahler die Zeche zahlen müssen.

Und es muss natürlich die Natur geschützt werden. Natur schützen geht in vielerlei Hinsicht. Wir müssen auf die Transportwege aufpassen, dass die CO2 –neutral oder verringert werden. Dazu gehören weniger Tiertransporte dorthin wo die billigste Schlächter ist. Das muss alles wieder lokaler passieren.

R: Ein echt europäisches Thema. Muss ich wirklich deutsche Rinder zum rumänischen Schlachter fahren? Da kommen wir nun zu Energiefragen.

H: Bei der Energieversorgung ist Europa nicht sehr fortschrittlich unterwegs. Beispiel North Stream 2. Es ist aus Gas-Sicht vielleicht schön, eine zweite Röhre zu haben, aber es heißt es eben auch, dass man darauf setzt  für 30-40 Jahre diese Technologie zu nutzen anstatt sich rechtzeitig um völlig erneuerbare Energie zu kümmern, dass die in der Stromwende, in der Wärmewende und in der Verkehrswärme greifen. Diese neue Nordsee-Pipeline zementiert für die nächsten zig Jahre den Gaskonsum.

R: Gegen diese Pipeline gab es ja von den anderen europäischen Ländern viel Widerstand.

H: Man kann und muss gegen die undemokratischen Strukturen in Russland etwas haben. Wir sind abhängig von den Energielieferungen, und je weniger abhängig wir sind, umso mehr trägt es zum Frieden bei.

R: Im Wahlprogramm versprechen die GRÜNEN, Europa zum Vorreiter für Klimaschutz zu machen. Du hast jetzt ein Beispiel gebracht, dass dank deutscher Politik weiter fossile Energie genutzt wird. Im Wahlprogramm findet sich die Behauptung, dass der Kontinent noch enorme Potentiale für Erneuerbare Energien und Energie-Effizienz hat, die bisher weitgehend brachliegen. Wie siehst du das?

H: 7:10 Fangen wir mit der Wärmeversorgung an. Die Wärme kann eigentlich aus der Mutter Natur, aus der Erde, aus der Geothermie fast allein bereit gestelllt werden für ganz Europa. Das ist manchmal mühsamer, manchmal leichter, die Erdwäre zu fördern. Wir haben Fernwärmenetze, Nahwärmenetze, es geht fast überall. Mit Biomasse wird man das nicht ausreichend finden, soviel wald gibt es gar nicht, so viel Wiesen gibt es gar nicht, um Mais oder Hackschnitzel zu produzieren Wir müssen einen großartigen Mix nehmen aus unserer Natur. Und da muss mehr Wind, mehr Sonne und mehr Geothermie in unsere Netze. Und damit können wir die Fossilen ganz verdrängen.

R: Und wo sind die politischen Zuständigkeiten in Europa, was sind die Werkzeuge, um das umzusetzen?

H: Um Beispiel indem wir europaweite CO2 Abgaben einführen. Überall wo CO2 ausgestoßen wird, gibt es eben pro Tonne eine Sonderabgabe, und mit dieser Abgabe können wir an anderer Stelle, wo CO2 eingespart wird, zum Beispiel Arbeitskraft vergünstigen.  Dann hätten wir einen doppelten Effekt

R. Gibt es das nicht schon? 9:20

H: Flugbenzin zahlt keine Steuern, keine CO2 Abgaben. Der CO2 Zertifikate Markt, der in Europa funktioniert, ist überschwemmt mit Gratis-Zertifikaten aus der eigenen Industrie, das führt nicht zum ausreichend schnellen Wandel. Die CO2 Zertifikate und der generell CO2 Markt muss viel teurer werden, damit das auch greifen kann. Aber mit dem Geld sollte man was Sinnvolles tun. Man sollte die Arbeitskraft in Europa, die Lohnnebenkosten, allgemein senken.

R: Die Idee ist mir neu. Gibt es dafür schon Vorbilder? 10:38

H: Zum Beispiel die Schweiz hat eine Sondersteuer auf CO2, und das Geld kommt der allgemeinen Schweizer Bevölkerung zugute, indem der Schweizer Staat die Krankenversicherung subventioniert, was letztlich bedeutet, dass mehr vom Lohn übrig bleibt. Es gib in verschiedensten Ländern viele gute Beispiele, und man kann das sicher nicht 1:1 auf ein anderes Land übertragen, aber man kann viele gute Ideen aus inmternationaklen Quellen hernehmen für Deutschland und für ganz Europa. Es muss dramatisch mehr gemacht werden. Dann spüren die Gasleute, dass Gas eben nicht nur CO2 produziert, sondern auch Stickoxide, und das würde wieder helfen, Sonne, Wind und die Erdwärme stärker zu fördern.

H: 12:21 Also es gibt nicht die eine Lösung, die zu mehr Natur, mehr Demokratie, mehr Europa führt, sondern es sind viele kleine Bausteine. Dazu gehört auch eine gute Friedenspolitik, dass die Leute in anderen Regionen eine gute Lebensqualität vor Ort haben, keine Kriege, eine eigene Landwirtschaft, die nicht versaut wird durch billige Importe aus der EU.  Es ist so vielfältig, das Projekt Europa, es ist so eine geile Sache, wir müssen da dran bleiben. Und ich bin begeisterter Europäer.

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